Noch ein Kommentar zu Liebich in der LTO:
"Liebichs Provokation stellt nicht das Selbstbestimmungsgesetz infrage" - lto.de/recht/meinung/m/liebich…
(Aber lest den ganzen Beitrag, unten ist ein besonderes Bonbon in bold)
Liebich missbraucht das SBGG nichtSelbst wenn das nicht so klar wäre, ergibt es sich doch schon aus dem Sinn und Zweck des SBGG. Es geht darum, das Verfahren zur Änderung von Vornamen und Geschlechtseintrag zu vereinfachen und dabei einer behördlichen und gerichtlichen Kontrolle zu entziehen. Unter dem alten Transsexuellengesetz (TSG) waren dazu zwei psychiatrische Gutachten sowie ein familiengerichtliches Verfahren erforderlich. Betroffene mussten Fragen nach der Unterwäsche, dem Masturbations- und Sexualverhalten über sich ergehen lassen. Diesen unwürdigen Zustand wollte das SBGG beseitigen. Und diesen Zweck erfüllt es auch, das Gesetz funktioniert also.
In Wahrheit missbraucht nicht Sven die durch das SBGG im Vergleich zum TSG erweiterten Freiräume der Selbstbestimmung; vielmehr nutzt Marla-Svenja sie aus. Sollte die Frauen-JVA Chemnitz Liebich schließlich dauerhaft aufnehmen, muss die Kritik hier ansetzen, an dieser Entscheidung und ihren Rechtsgrundlagen. Gegebenenfalls müssen die Verwaltungsvorschriften zum StVollzG ergänzt werden, nicht aber das SBGG.
Wer den Fall Liebich als Beleg für dessen vermeintliche Fehlfunktion heranzieht, hat also entweder den Gesetzeszweck nicht verstanden oder will ihn nicht verstehen. Für Letztgenannte kommt Liebichs Fall womöglich sogar gelegen. Man darf hoffen, dass Dobrindts Ansicht sich im Kabinett nicht durchsetzt; sonst hätte der Troll gewonnen.
So zum Spass hab ich auch mal die erwähnte "Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung zum Sächsischen Strafvollzugsgesetz (VwV Strafvollzug – VwV StVollz)" vom 15. Mai 2024 angesehen :wink: Das Ding ist erstaunlich modern! Eine besondere Passage habe ich markiert:
VI.
Zu § 10
- Geschlechtszuordnung
a) Für die Entscheidung über den Eintrag des Geschlechts im BASIS-Web und über die Unterbringung ist, insbesondere soweit die Gefangenen keine Angaben zu ihrem Geschlecht machen, auf die Angabe im Personenstandsregister abzustellen. Eine Geschlechtszuordnung nur anhand äußerer Geschlechtsmerkmale oder anhand des Geburtsgeschlechts ist unzulässig. Den genannten Umständen kommt bei der Zuordnung nur Indizwirkung zu. Es ist zu berücksichtigen, dass bei Personen, deren Geschlechtsidentität nicht oder nicht vollständig mit dem nach der Geburt anhand der äußeren Merkmale eingetragenen Geschlecht übereinstimmt (transgeschlechtliche Personen) kein die äußeren Geschlechtsmerkmale verändernder operativer Eingriff vorausgesetzt wird.
b) Bei
aa) transgeschlechtlichen Personen,
bb) Personen, die eine binäre Zuordnung ablehnen, sich also dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen (nicht-binäre/intergeschlechtliche Personen), oder
cc) Personen, bei denen die Angabe des Geschlechts im Personenstandsregister von der Angabe der oder des Gefangenen abweicht,
soll darauf hingewirkt werden, individuelle Lösungen unter Einbeziehung der betreffenden Personen zu finden, wobei vermieden werden soll, dass diese isoliert oder stigmatisiert werden. Im Einzelfall ist eine Unterbringung abweichend vom im Personenstandsregister eingetragenen Geschlecht zu ermöglichen. Dies betrifft Fälle, in denen die Personenstandsänderung noch nicht eingetragen ist, die Transition oder die Detransition noch nicht beendet ist. Für die Prüfung einer solchen Unterbringung sollen die Hintergründe bei der oder dem Gefangenen erfragt und um Vorlage von Unterlagen wie dem dgti-Ergänzungsausweis gebeten werden. In besonderen Zweifelsfällen, etwa bei möglichem Vorschieben einer Geschlechtsidentitätsfragestellung zur Manipulation von vollzuglichen Entscheidungen, soll eine ärztliche oder psychologische Stellungnahme eingeholt werden.
c) Im BASIS-Web ist zwischen dem Geschlechtsmerkmal für das Personenkonto und der Haftraumzuordnung zu unterscheiden.
aa) Für die Zuordnung des Geschlechtsmerkmals für das Personenkonto ist zwischen den Möglichkeiten „ohne Angabe (o)“, „divers (d)“, „weiblich (w)“ oder „männlich (m)“ auszuwählen.
bb) Bei dem Geschlechtsmerkmal für die Haftraumzuordnung gibt es die Auswahlmöglichkeiten „männlich (m)“ oder „weiblich (w)“, da dies die Grundlage für die Buchkreisoption darstellt. Hierbei handelt es sich um ein rein vollzugsinternes Zuordnungsmerkmal ohne Aussage über das tatsächliche Geschlecht der Person.- Sensibler Umgang mit transgeschlechtlichen und nicht-binären/intergeschlechtlichen Personen
Die Integration der transgeschlechtlichen und nicht-binären/intergeschlechtlichen Personen in den Vollzug erfolgt unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse. In der Regel werden dabei die Unterbringung in einem Einzelhaftraum und auf Wunsch die Ermöglichung insbesondere von Einzelfreistunden, -sport, -dusche sowie -einkauf angezeigt sein. Sofern es dem Anliegen der inhaftierten Person entspricht, ist auch eine gemeinsame Unterbringung mit anderen Gefangenen möglich.
Bei Durchsuchungen und anderen in den persönlichen Nähebereich eingreifenden Maßnahmen ist auf das Schamgefühl der betreffenden Person Rücksicht zu nehmen; ihrem Anliegen, von einer Person eines bestimmten Geschlechts durchsucht zu werden, soll entsprochen werden.
teilten dies erneut
Cowfish, stevE 🌼, hömma, Jens Bannmann und Bjørne haben dies geteilt.
Jaddy
Als Antwort auf Jaddy • •Und hier ist noch ein Kommentar in der Zeit: "Ja, Liebig darf das" - archive.ph/wapiv
Hier wird das Dilemma noch mal deutlich gemacht: "Das Gesetz ist also mit der Geisteshaltung gemacht worden, dass die Kategorien Mann und Frau in unserer Gesellschaft gleichzeitig total unwichtig und total entscheidend sind", udn das Thema "Geschlecht wird durch gemeinsame Fiktion zur Realität".
#SBGG #SelbstbestimmungsGesetz
Michaela hat dies geteilt.
Vivien 🏳️⚧️
Als Antwort auf Jaddy • • •ja ich sehs auch nicht ein dass trans* personen wieder mal auf rechte verzichten sollen nur weil nein neonazi diese genutzt hat...
Hat eigentlich schon mal jemand hinterfragt, warum ein verurteilter neonazi unmittelbar vor haftantritt ins ausland fliehen konnte?